Todesfalle Kippfenster
Wie jedes Jahr werden zur wärmen
Jahreszeit unsere Fenster wieder vermehrt geöffnet, um der wärmende
Sonne und dem Geruch von Blumen und Blüten Einlass zu gewähren. Häufig wird beim Verlassen des/der Hauses/Wohnung das Fenster gekippt – ohne an die möglichen Folgen zu denken. Für Ihre Katze könnte nämlich eben dieses gekippte Fenster ganz leicht zur Todesfalle werden. Stellen Sie sich folgendes vor:
Ihre Katze ist alleine zu Hause und eine Fliege hat sich durch das
gekippte Fenster verirrt. Das Summen lenkt die Aufmerksamkeit der sich
ohnehin langweilenden Katze auf sich. Ein mächtiger Sprung und schon
sitzt die Katze am Fensterbrett. Anfangs wird nur vorsichtig mit der Pfote
versucht, die Fliege zu fangen. Da die Fliege allerdings den Weg wieder
nach draußen gefunden hat, versucht die Katze ihrem Jagdinstinkt folgend,
die Hatz zu verlängern und springt hinterher. Die Katze wird im
Kippfenster gefangen. Panisch versucht sich die Katze zu befreien und
gleitet durch ihre verzweifelten Abwehrbewegungen immer tiefer in den
Kippfensterspalt. Die Folgen können unter Umständen
tödlich sein. Durch die Quetschungen des Rückenmarks (je nach dem in
welchen Bereich die Katze stecken bleibt) entstehen unterschiedliche
Symptome – beginnend von „harmlosen“ Schmerzen bis hin zur Lähmung
der für die Atmung verantwortlicher Nerven (Erstickungstod) und Wirbelsäulenfrakturen.
Somit kann es zur dauerhaften Lähmung der Hinterextremitäten und der
Analregion kommen (das heißt, die Katze kann weder Kot noch Harn
kontrolliert absetzten) – was häufig nachträglich „Euthanasie“ der
betreffenden Katze bedeutet. Deshalb schließen Sie immer bewusst Ihre Fenster bevor Sie das Haus verlassen, sollte sich eine Katze darin befinden. Fallbericht (mit freundlicher
Genehmigung der Besitzer, danke hierfür): Blacky, Europäische Langhaarkatze, 6 Monate, weiblich wird eines Morgens maunzend mit dem Kopf hängend im Kippfenster gefunden. Die Besitzer machen sich umgehend auf den Weg in meine Praxis. Die Katze zeigt ein deutliches Schockgeschehen mit Untertemperatur, ist allerdings geh- und stehfähig. Die Symptome beschränken sich hauptsächlich auf den Kopfbereich – neben einem massiven Kopfödem zeigt sich eine deutliche N. facialis Lähmung, die Katze hat keinen Lidreflex rechts und kann das rechte Ohr nicht bewegen. Die Nahrungsaufnahme ist aufgrund des Kopfödems erschwert und die Atmung durch die Nase unmöglich.
Unverzüglich wurde neben der
Schocktherapie auch eine symptomatische Therapie (Einstellung, Infusionen
und Medikamente über einen Venenkatheter) eingeleitet. Nach vier Tagen
stationärem Aufenthalt in meiner Ordination konnte Blacky unter strenger
Einhaltung der medikamentösen Nachbehandlung nach Hause entlassen werden.
Bei einer Nachkontrolle (10 Tage nach Entlassung) konnte man bereits eine
deutliche Besserung sehen. Weitere vier Monate später wurde Blacky zur Kastration vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt erinnerte nur noch eine weiße „Haarlinie“ im Bereich des Hinterkopfes an die schrecklichen Momente in Blacky`s Leben. Die Nerven im Kopfbereich hatten sich vollständig regeneriert.
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