Eine Weihnachtsgeschichte

 

Freitag, der 24.10.2008 – ein schwarzer Tag für einen entzückenden schwarzen Kater. Allerdings auch Riesenglück – als an diesem Tag ein Streuner die Hauptstrasse in Stöttera quert und dabei vom Auto erfasst wird, ist ein tierliebes junges Mädchen (selbst Besitzerin von zwei Katzen) zur Stelle. Die Katze, die im ersten Moment als vermeintliche Nachbarskatze an diesem Abend in meiner Ordination vorstellig wird, hat durch den Unfall schwere Verletzungen erlitten (Oberschenkelfraktur links, dreifacher Beckenbruch, Lungenblutung und Schock). Niemand glaubt zu diesem Zeitpunkt, dass diese Katze (männlich, schwarz, vermutlich noch kein Jahr alt), die an diesem Freitag am Untersuchungstisch in Seitenlage liegt, den Unfall überleben wird.

Doch der Überlebenswillen einer äußerst lieben Katze, hat nicht nur mich eines besseren belehrt. Salem – so heißt er nun, erträgt die vier Wochen Käfigruhe, um die Beckenfraktur abheilen zu lassen, schier mit einer Engelsgeduld. Er genießt die Streicheleinheiten, lässt sich ohne Probleme einen Venenzugang setzen bzw. Injektionen geben, auch als er nach der anfänglichen Intensivtherapie die Medikamente per oral verabreicht bekommt, spielt er brav mit.

Bereits nach drei Tagen versucht er sich in die Katzentoilette zu begeben – meist ein trauriges Bild – kann er doch häufig danach nicht mehr heraus, die Anstrengung zu gehen, reicht oft nur für den Hinweg. Doch es geht bergauf. Nach seinem „Käfigarrest“ ist Salem so glücklich, und kann bereits  in der Ordination kurze Wege zurücklegen. Eine Lahmheit bleibt – die Oberschenkelfraktur hat sich in der vierwöchigen Käfigruhe leider nicht stabilisiert. Also wird Salem nicht nur kastriert, es wird ihm auch der Oberschenkelkopf entfernt (Femurkopfhalsresektion).

Mittlerweile sind seit seiner letzen Operation drei Wochen vergangen. Seine Bewegungsmöglichkeit ist viel besser geworden. Er kann bereits auf den Sessel und dann auf den Schreibtisch springen. Die Wunde heilt gut – und die Haare wachsen auch schon nach. Aus der anfänglichen armseligen Unfallkatze ist eine verspielte, stubenreine, anhängliche und wunderschöne Katze geworden.

Leider kann Salem nicht bei mir bleiben – meine eigenen zwei Katzen (zwei äußerst herrschsüchtige Mädchen) akzeptieren keine weitere Katze. Aber es wäre keine Weihnachtsgeschichte, wenn es nicht bereits ein neues Zuhause geben würde. In Kürze wird Salem umziehen, wenn es für mich auch eine schwere Zeit sein wird, habe ich mich doch mittlerweile an die sanften Augen dieser besonderen Katze gewöhnt, bei der viele das Gefühl haben, dass er mit diesen Augen bis in die Seele blicken kann  - ein Blick der wahrscheinlich sagen möchte: „Ich habe es von Anfang an gewusst, ich werde überleben!“

 

Ihre Diplomtierärztin Bettina Rumpler                               

 

 

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